Roadtrip durch das südliche Afrika

56 Tage, 9’000 Kilometer, 1000 Liter Diesel, null Pannen, ungezählte Wow-Momente und drei Kilo mehr auf der Waage – das ist das Fazit des Roadtrips durch das südliche Afrika in Zahlen.
Nach der Stippvisite zu den Victoriafällen in Simbabwe, einer 9-tägigen Tour durch das nördliche Botswana und einer grosszügigen Verschnaufpause im wundervollen Kapstadt (Artikel dazu folgt, versprochen) bildete er den vierten, letzten und zugleich mächtigsten Teil unserer Abenteuerreise durch das südliche Afrika.

Ready? Na dann mal los…

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My home is my CARstle

Das Wichtigste für einen Roadtrip ist natürlich ein vernünftiges Auto. Meine Freundin Nina und ich hatten unseren Camper, einen Toyota Hilux, bereits vor einigen Monaten gebucht und waren – um das Fazit gleich vorwegzunehmen – rundum zufrieden mit unserem «Guschti».

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Unser Toyota Hilux, aka «Guschti»: Ein tapferes und absolut zuverlässiges Kerlchen.

Die Camping-Ausführung des Toyota Hilux ist wahlweise mit einem oder zwei Dachzelten zu haben. Wir hatten uns für die Variante Doppeldecker entschieden, obschon uns einige Personen im Vorfeld davon abgeraten hatten. Es sei viel zu aufwändig, täglich zwei Zelte auf- und auch wieder abzubauen. Ausserdem würden sich andere Camping-Enthusiasten das Vehikel zu viert teilen. Nun, wir sind nicht andere und sahen in dem Modell durchaus Vorteile zugunsten unserer Privatsphären. Immerhin verbringt man auf so einer Reise schon sehr viel Zeit miteinander, da sind selbst die kleinsten Rückzugsoasen wertvoll.

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Mein Haus, mein Auto, mein alles…

In der Tat entpuppten sich die warnenden Voten im Vorfeld als haltlos. Im Nu waren die Zelte jeweils aufgebaut und in zwei bis höchstens drei Nus wieder zusammengeklappt und für die Weiterreise verstaut. Die Aufwand/Nutzen-Bilanz stimmte für uns jedenfalls perfekt.

Verkehrsregeln

Als wesentlich kniffliger erwies sich das Steuern eines Rechtslenkers (Guschti war ein solcher Rechstlenker) und – damit verbunden –  das Fahren auf der linken Fahrbahn. So oft, wie wir insbesondere in den ersten paar Tagen den Scheibenwischer betätigt haben, hat es jedenfalls die ganzen acht Wochen des Roadtrips nicht geregnet 🤦‍♀️ (Anmerkung: bei rechtsgesteuerten Autos befindet sich der Scheibenwischer links vom Steuer, dort, wo bei uns der Blinker angebracht ist…)
Für uns Europäer ungewohnt sind ausserdem die sogenannten „Four-Way-Stops“, also Kreuzungen, bei denen an allen vier einmündenden Strassen ein Stoppschild angebracht ist. Derjenige, der zuerst da war, darf auch als Erster weiterfahren. Im Zweifelsfall stimmt man sich einfach per Handzeichen ab – sympathisch, irgendwie. Auch diese Eigenheit hatten wir nach ein paar Praxisstunden im südafrikanischen Strassenverkehr bald intus.

Und hey! am Zebrastreifen hält man gefälligst an. Dafür braucht es nicht einmal ein Regelwerk, das ist Ehrensache! 😎

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Der Roadtrip im Überblick

Ich habe drüben auf GoogleMaps die Stationen unseres Roadtrips erfasst (violett = Übernachtungen).

Nachfolgend eine Zusammenfassung zu den wichtigsten Highlights.

The Winelands

Unsere Einrolltour führte uns am ersten Tag zu den Spuren der Hugenotten ins idyllische und weltweit bekannte Weinanbaugebiet Südafrikas. Hier deckten wir uns für die weitere Reise mit einigen leckeren Tropfen ein🍷😋Wir blieben dann auch gleich für zwei Nächte in dieser malerischen Gegend, denn hey! drink OR drive 😇

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Indian Summer Idylle in den Winelands, Western Cape

Anschliessend ging es weiter Richtung Garden Route mit einem – meiner Meinung nach – obligaten Abstecher in die Kleine Karoo zur Straussen-und Meerkat-Metropole Oudtshoorn.

Oudtshoorn

In die wundervolle Landschaft der Kleinen Karoo hatte ich mich bereits bei meinem letzten Roadtrip vor elf Jahren verliebt. Und auch dieses Mal konnte ich mich gar nicht richtig sattsehen an dieser malerischen Szenerie.

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Liebliche Hügellandschaft und tolle Farben – ich mag sie, die kleine Karoo

Der Besuch einer Straussenfarm ist lehrreich und amüsant zugleich.

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Follow me, please! 😉

Ebenfalls empfehlenswert in Oudtshoorn ist eine Meerkat Safari zu früher Morgenstunde.

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Jööö-Effekt garantiert: Meerkats (Erdmännchen) sind süsse Zeitgenossen.

Safari im Addo Elephant Park

Zurück am Indischen Ozean haben uns die stürmischen Wetterbedingungen schliesslich dazu bewogen, die Küste nach der Garden Route bei Port Elizabeth zu verlassen und uns landeinwärts zu bewegen. Der Addo Elephant Park bot sich da geradezu perfekt als nächstes Etappenziel an.
Ich möchte euch an dieser Stelle ein paar rELEFANTe Impressionen nicht vorenthalten:

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Rechtsvortritt interessiert auf einer Safari keinen so richtig.
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Auch die drolligen Warzenscheine wissen sich in Szene zu rücken 😉
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Immer sonntags wird gebadet.
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Auf dem Weg ins MuKi-Turnen.

Lesotho

Die Reise führte uns weiter nordwärts und schliesslich ins Königreich Lesotho. Lesotho (übrigens Lisutu ausgesprochen) wird nicht vergeblich „The Kingdom in the Sky“ genannt. Der im Navigationsgerät integrierte Höhenmesser hatte jedenfalls allerhand zu tun und zeigte Höhen zwischen 1500 und 3200 Metern über Meer an – eine Amplitude, die mehrmals pro Tag rauf und runter gespielt wurde. In Lesotho war daher insbesondere unsere Kurvenfahrtechnik gefragt (Notiz an mich: uuuunbedingt einen Artikel zu Lesotho tippsen!)

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Das höchste Restaurant Afrikas befindet sich auf 3200 MüM
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Geduldigt schlängelten wir uns durch die irrsinnig imposante Berglandschaft Lesothos

Man weiss in Lesotho nie so genau, was einem hinter der nächsten Kurve erwartet. Ein Schlagloch vielleicht? Oder ein Stück Fels mitten auf der Strasse? Oder eine von hunderten Schaf- oder Ziegenherden? Oder….

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Edelmann trifft Eselmann 😂

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Einfach schön…

Ursprünglich hatten wir geplant, Lesotho im Süden via den Sanipass zu verlassen. Der Sanipass wird in unseren Reiseführern als steil und sehr kurvenreich beschrieben. Im Ski-Resort (kein Scherz!) Afriski, der letzten Übernachtungsstation vor dem Sanipass, erfuhren wir von ortskundigen Menschen, dass der Sani keineswegs steiler und kurvenreicher sei als all die anderen Pässe Lesothos, die wir ja bereits hinter uns hatten. Ausserdem sei die Strasse bis zur Passhöhe geteert und in sehr gutem Zustand. Einzig der Weg talwärts sei etwas kniffliger, weil sich zu beachtlichem Gefälle und Kurvenreichtum ein weiterer Komplexitätsfaktor dazugeselle: ein neuer Strassenbelag, bzw. eben kein Belag. Schotter. Wir sollten einfach den ersten Gang einlegen und uns mit viel Geduld Kurve um Kurve hinunterschlängeln, dann sei auch das easy, meinten die Jungs.
Im Vorfeld hörten und lasen wir unterschiedliche Meinungen über den Zustand des Sanipass. Etwas Restbammel in der Magengegend liess sich daher trotz der praxisorientierten Insider-Tipps nicht abstreiten.
Wir interpretierten es schliesslich als einen Wink des Schicksals, als es just am nächsten Morgen zu regnen begann und die Wetteraussichten weiter südlich keine Besserung versprachen. Wir entschieden uns daher, das lieblich-bizarre Lesotho statt über den verregneten Sanipass im sonnigen Nordosten zu verlassen und damit neu auch den nördlichen Teil der Drakensberge auf unserer Reise anzusteuern.

Wanderparadies Drakensberge

Mit den Drakensberge wartete ein tolles Wander-Mekka auf uns. Hier machte der Roadtrip erst mal Pause und es ging zu Fuss weiter.

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In den malerischen Drakensberge ging es erst einmal zu Fuss weiter 😉

Safari durch den Hluhluwe-iMfolozi Nationalpark

Nach ein paar prächtigen Wandertagen in den Drakensberge hiess es schliesslich weiterzuziehen. Nina und ich steckten also einmal mehr unsere Köpfe über der Strassenkarte und den Reiseführern zusammen und hielten Ausschau nach der nächsten Übernachtungsstation. Bald fiel uns der Hluhluwe-iMfolozi Park im KwaZulu-Natal auf. Kurzerhand spreizte ich meine Finger auf der Karte um die Distanz zu messen. „Keine 300 km, das schaffen wir locker!“, resümierte ich salopp. Also riefen wir zwecks Reservation (in Nationalparks empfiehlt es sich, Unterkünfte vorab zu reservieren) im Hilltop-Camp an. Als ich erwähnte, dass wir von Giants Castle anreisen würden, zögerte die sympathische Stimme am anderen Ende der Leitung kurz, um mich dann freundlich darauf hinzuweisen, dass die Rezeption um 18.00 Uhr schliesse. „No problem!“, quietschte ich und fügte hinzu, dass wir voraussichtlich bereits am frühen Nachmittag  eintreffen würden.
Als wir am nächsten Vormittag gemütlich unseren Guschti startklar machten und unser Navi programmierten, staunten wir nicht schlecht, als dieses die zurückzulegende Distanz nicht etwa auf knapp 300, sondern auf fast 500 Kilometer und sechs Stunden reine Fahrzeit errechnete. Mathe war übrigens noch nie meine Stärke, herrje! 🙄
Und als ob uns dieser Lapsus nicht schon genug Action eingebracht hätte, hatte auch unser Navi noch einen Aussetzer an dem Tag und lotste uns auf den letzten zehn Kilometern – nachdem wir bereits 470 km in den Rädern hatten, wohlverstanden – auf eine üüüüble Offroad-Piste. Absolut unnötig, wie sich am nächsten Tag herausstellte, denn die geteerte Hauptstrasse hätte uns direkt ans Camp geführt. Wie dem auch sei: in diesem Tag steckte nun wirklich der Wurm drin. Wir erreichten die Rezeption des Hilltop-Camps schliesslich gerade mal ein halbes Stündchen vor Schliessung – das war knapp! 😜

Der Hluhluwe (ausgesprochen: Schluschlue) wird als „kleiner Bruder“ des Krüger Nationalparks gehandelt und besticht insbesondere durch seinen stolzen Bestand an Nashörnern. Das traf sich gut, denn das Nashorn fehlte bisher noch in unserer Big-Five-Sammlung.

Übrigens: Wie nennt man ein rennendes Nashorn?

Nasigorenn 😂

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Die Chancen, Nashörner zu sehen stehen gut im Hluhluwe-Nationalpark.

Doch auch andere typische Safari-Protagonisten trifft man in diesem hügeligen Park an.

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Wohin des Weges?

Und manchmal lohnt sich sogar der Blick zurück.

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Manchmal lohnt sich ein Blick zurück.
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Ihr seht die Giraffen doch auch, oder? 😊 Walking-Safari im Hluhluwe

Swasiland

Nach einem kurzen Abstecher nach St. Lucia nahmen wir schliesslich Kurs auf Swasiland, einem weiteren kleinen Königreich im südlichen Afrika. Im Gegensatz zum wilden, wenig erschlossenen Lesotho sticht Swasiland durch eine gewisse Eleganz hervor.

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Switzerland  🇨🇭 meets Swaziland 🇸🇿

Der König von Swasiland, Mswati III, feierte Mitte April seinen fünfzigsten Geburtstag. Alle paar Meter machen Plakate am Strassenrand auf dieses spezielle Ereignis aufmerksam.  Gerne hätten auch Nina und ich dem König persönlich unsere Glückwünsche überbracht, doch am Tor zur königlichen Residenz war leider Endstation für uns.

Dann eben doch Plan B: 💋 🐸 👑

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Anlässlich des fünfzigsten Geburtstags von König Mswati III sind die Strassen mit Plakaten des Königs  geschmückt.

Safari durch den Krüger Nationalpark

Ein Katzensprung nach Swasiland erreicht man bereits das Südtor, das Malelane Gate,  des legendären Krüger Nationalparks. In vier wundervollen Tagen arbeiteten wir uns von Camp zu Camp durch. Die meisten Camps bieten einen einzigartigen Ausblick auf entweder ein Wasserloch, einen Fluss oder die Steppe. Es lohnt sich daher, einige von ihnen anzusteuern und einen Besuch abzustatten.
Natürlich kriegt man auch während den Fahrten zwischen den Camps einiges vor die Linse – seht selbst:

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Auf Safari gilt es sämtliche Perspektiven im Blick zu haben.
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Giraffe beim Überqueren der Strasse.
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Guschti hält sich tapfer…
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So lässt man sich ja gerne aufhalten, gell Guschti?! 😊
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Dekorativ: der Baobab Tree
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Impalas gibt es im Krüger Nationalpark wie Sand am Meer.
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Der Ausblick von der Terrasse des Olifants Camps ist gigantisch. Hier beobachten wir gerade Happy Hippos beim Plantschen und „sünnelen“.
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Wie ich schon sagte: bei Zebrastreifen hält man an.
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Gänsemarsch… 🤔 einfach ohne Gänse 😉 (Blick von Terrasse des Olifants Camps)
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Egal, was war und egal, was noch kommt, DIESER kostbare Moment bei den sitzenden(!) Giraffen hat einen Top-Platz in meiner Safari-Bilanz auf sicher! 😍

Blyde River Canyon

Wir verliessen den Krüger Nationalpark beim Phalaborwa Gate. Nur wenige Kilometer danach wartete bereits ein weiteres Highlight auf uns: der Blyde River Canyon mit seinen spektakulären Viewpoints.

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Atemberaubend schön: die Aussicht auf den Blyde River Canyon

Der Blyde River Canyon sei, so hiess es, mit seinen 26 Kilometern Länge und bis zu 800 Metern Tiefe nach dem Grand Canyon in den USA (450 km) und dem Fish River Canyon in Namibia (160 km) der drittgrösste Canyon der Welt. Den Fish River Canyon bestaunten wir ein paar Wochen später ebenfalls noch. Mehr dazu dann weiter unten oder eben: später 😉

Pretoria

Pretoria ist die Hauptstadt Südafrikas, insofern ist es berechtigt, der Stadt auf der Durchreise einen Besuch abzustatten. Ich hatte Pretoria als gigantische «Milka Lila Kuh» in Erinnerung. Bei meiner letzten Südafrika-Reise vor elf Jahren war nämlich die Jacaranda-Blühte in voller Pracht. Die Strassen von Pretoria sind voll mit diesen Bäumen, entsprechend dominant hatte sich der violette Blütenschimmer, der sich wie eine Dunsthaube über die Stadt legte in mein Gedächtnis gebrannt.
Dieses Mal blühten die Bäume nicht und auch sonst gibt die Stadt nicht wahnsinnig viel her. Dennoch erlebten wir hier eine Anekdote, die durchaus einen Platz in diesem Roadtrip-Bericht verdient hat.
Wir steuerten mit Guschti direkt den Church Square, das Herzstück Pretorias an. Schon von weitem winkten uns junge Männer heran und zeigten uns freie Parkplätze. Das war an sich nichts Neues, wir waren uns das bereits aus anderen südafrikanischen Ortschaften gewohnt. Natürlich fielen uns die Bus-Schilder auf den Parkfeldern auf und so erkundigten wir uns, ob das Parkieren von normalen Autos (womit ich nicht behaupten möchte, dass Guschti ein normales Auto gewesen wäre…) denn überhaupt gestattet sei. Klar, hiess es. Und weil ein halbes Dutzend anderer Fahrzeuge bereits auf dem Platz parkiert waren, hinterfragten wir diese Aussage nicht weiter, bezahlten ohne Widerrede die verlangte Gebühr, schnappten unsere Rucksäcke und suchten die Touristeninformation auf.
Nachdem uns Gloria, die nette Tante dort mit einem Stadtplan und einigen zusätzlichen Informationen zu Pretoria eingedeckt hatte, fragten wir sie eher beiläufig, ob der Parkplatz, auf dem wir unseren Guschti parkiert hatten, für die nächsten paar Stunden denn auch wirklich sicher sei. Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: Um Himmels Willen NEIN, das sei er definitiv nicht. Es sei ein ausdrücklicher Busparkplatz und PWs würden hier regelmässig abgeschleppt. Die Jungs, die dort die Autos herbeiwinkten und fleissig Aufpassgeld kassierten, seien dann natürlich über alle Berge.  Nur sehr umständlich und verbunden mit einer saftigen Busse bekäme man sein Auto dann irgendwann irgendwo wieder zurück. Gloria legte uns daher dringend ans Herz, unser Auto umgehend umzuparkieren und bot uns dafür ein Parkfeld direkt vor dem Gebäude der Touristeninfo an. Dies sei allerdings kein öffentlicher, sondern ein Beamten-Parkplatz, aber sie werde für uns ein gutes Wort beim Security-Guy einlegen. Das klang nach einem tollen Plan und wir folgten Gloria auf die Strasse hinaus. Auf dem Weg aus dem Haus trafen wir auf Glorias Office-Kollegen. Grinsend berichtet uns dieser beim Vorbeigehen, dass „die“ gerade mal wieder dabei seien, Autos von dämlichen Touristen abzuschleppen. Gloria erhöhte daraufhin ihr Schritttempo markant und steuerte schnurstracks zu unserem Parkplatz, der genau genommen gar keiner war, wie inzwischen sogar wir kapiert hatten. Unser Guschti wäre tatsächlich als nächstes an der Reihe gewesen 😱
Dann ging alles blitzschnell. Gloria schwang ihr massiv übergewichtiges Hinterteil auf den Beifahrersitz und lotste uns galant um die Blocks zum Beamten-Parkplatz. Begeistert war der Security-Mann ob dem Überfall zwar nicht, aber wirklich etwas dagegen einzuwenden hatte er am Ende auch nicht mehr und ein kleiner Zustupf von doofen aber extrem dankbaren Touristen ist letztlich leicht verdientes Geld.
Das Schicksal meinte es an diesem Tag verdammt gut mit uns. DANKE, GLORIA! 🙏

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Beeindruckend: die 9 Meter hohe und 3.5 Tonnen schwere Nelson-Mandela-Statue vor den Union Buildings in Pretoria
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Schild am linken Fuss der Nelson-Mandela-Statue.

Kimberly

Nach Pretoria folgten unglaublich lange Distanzen durchs Nichts – da muss man einfach durch 😜

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Gigantische Distanzen: nach 308 km links abbiegen, dann 1 km bis zum Ziel 😜

Als willkommene Oase sticht die Diamantenstadt Kimberly hervor. Sie gleicht einem Westernstädtchen und die Zeit, die wir dort verbrachten, war kurzweilig und amüsant.

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Das Westernstädtchen Kimberly: ein herrlich lebhaftes Nest mitten in der Wüste.

 

Nach Kimberly nahmen wir Kurs Richtung Nordwesten und näherten uns in zwei weiteren nicht enden wollenden Tagesetappen durch die Wüste langsam aber sicher der namibischen Grenze.

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Countdown to Namibia. Typisches Landschaftsbild während stundenlanger Fahrt.

Fish River Canyon

Wir waren gespannt, inwiefern der Fish River Canyon den Blyde River Canyon noch übertrumpfen konnte. War das denn überhaupt möglich? Ich meine, was soll denn bitteschön noch grösser, noch spektakulärer sein?
Die Anfahrt nach Hobas, dem Camp am nördlichen Ende des Canyons führte uns stuuuundenlang durch eine karge, platte Landschaft. Nichts deutete auch nur ansatzweise darauf hin, dass sich hier demnächst eine gigantische Schlucht auftun könnte. Auch auf dem Camp selbst gab es – mal abgesehen von Wegweisern – keine rein aus der Landschaft erkennbaren Hinweise dafür.

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Anfahrt zum Fish River Canyon. Wo ist er denn bloss?

Der Haupt-Viewpoint des Fish-River-Canyons befindet sich ca. 20 km vom Hobas-Camp entfernt. Natürlich fuhren wir da gleich nach der Registration hin. Schliesslich wollten wir endlich wissen, wo sich dieser merkwürdige Canyon denn nun versteckt hatte.

Und dann steht man endlich auf der Aussichtsplattform, kriegt Mund und Augen nicht mehr zu und gerade mal ein zartes „Boah, ey!“ über die Lippen.

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Ganz schön WOW… also der Canyon, meine ich 🙂

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Wer mag, kann in fünf Tagen zu Fuss durch die knapp 90 km lange Schlucht ächzen. Aber wir hatten ja unseren Guschti und holperten auf einer guten Staubpiste durch die sagenhaft schöne Szenerie runter zum Spa-Resort Ai-Ais am südlichen Ende des Fish River Canyon, wo wir ein paar entspannte sommerliche Wintertage genossen. Hatte ich schon erwähnt, dass inzwischen der Winter eingekehrt war im südlichen Afrika?

Zusatzschlaufe in die Karoo

Zehn Tage bevor uns der Flieger zurück in die Schweiz brachte, berieten wir, was wir mit dem verbleibenden, grosszügigen Zeitfenster anstellen sollten. Wir entschieden schliesslich, unseren Roadtrip noch um eine Zusatzschlaufe in die Karoo zu bereichern. Insbesondere die Fahrt auf einer Schotterpiste über den spektakulären Swartbergpass, wird mir persönlich noch ein ganzes Weilchen in Erinnerung bleiben.

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Die Fahrt über den Swartbergpass ist spektakulär

Cape Agulhas

Als krönenden Abschluss unserer abenteuerlichen Reise durch das südliche Afrika brausten wir noch ganz runter ans Cape Agulhas, dem südlichsten Punkt des afrikanischen Kontinents. Dort, wo einem der Wind mit voller Kraft um die Ohren donnert und das Wetter im Viertelstundentakt ändert. Dort, wo der wilde Atlantik den lieblichen Indischen Ozean knutscht. Dort, wo man am liebsten die ganze Welt umarmen möchte, vor lauter Dankbarkeit und Ehrfurcht.
Es ist ein guter Ort, um einer tollen Zeit in einem wundervollen Land „Adieu“ zu sagen!

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Nach elf Jahren stehe ich erneut am südlichsten Punkt des afrikanischen Kontinents. Ein irrsinniges Gefühl ❤️

Übrigens: Das waren meine 5 Lieblings-Accessoires auf dem Afrika-Trip

 

Nicht Hänsel, nicht Gretel, sondern Doedel verirrte sich im Wald…

Es war ein wundervoller Tag im Krüger Nationalpark. Wir hatten Glück und konnten uns tags zuvor gerade noch den allerletzten Platz in Skukuza, dem grössten Camp im Park, sichern. Das riesige Areal mit seiner grosszügigen Infrastruktur inmitten des Nationalparks hat viele Vorteile, Orientierungsbanausen wie mich stellt es aber auf eine harte Probe, wie ich am eigenen Leib erfahren sollte. Aber alles der Reihe nach.

Wir erreichten das Camp am späten Nachmittag und platzierten Guschti, unseren Camper, auf einem der wenigen noch nicht besetzten Quadratmetern. Es gab hier keine klar definierten, nummerierten Plätze, ergo gab es kein Richtig oder Falsch, wie man sein Vehikel parkte. Alles schien hier herrlich unkompliziert zu sein, das gefiel uns. Das reichlich chaotisch anmutende, emsige Treiben auf dem Campingplatz erinnerte mich an mein Wimmelbuch, mit dem ich mich in den frühen Jahren meiner Kindheit stundenlang verweilen konnte, weil es auf jeder einzelnen Seite so vieles zu entdecken gab. Mitten in dieser Wimmelbuch-Szenerie im legendären Krüger Nationalpark klappten wir schliesslich unsere Dachzelte auf.

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Symbolbild. Das Bild stammt nicht aus dem besagten Skukuza-Camp im Krüger Nationalpark. Man stelle sich bitte mehr – deutlich mehr(!) – Betrieb drumherum vor… 😉

Neben uns hatte sich eine alleinreisende junge Frau mit ihrem Opel Corsa und einem Minizelt eingerichtet. Wie um alles in der Welt kann man sich den Krüger-Nationalpark mit Corsa und Minizelt antun? fragte ich mich insgeheim, hielt aber beim kurzen Begrüssungs-Smalltalk diplomatisch die Klappe. Es ging mich nichts an. Punkt.
Dass mir genau dieser Corsa und genau dieses Minizelt am gleichen Abend noch den Kragen retten würden, ahnte ich zu jenem Zeitpunkt noch nicht.

Der Safari-Tag war heiss und staubig. Nun hiess es erst mal ab unter die Dusche. Die sanitären Einrichtungen befanden sich ein gutes Stück von unserem Stellplatz entfernt. Meine Freundin und ich schnappten also Bade-Ente & Co. und machten uns auf den Weg einmal quer durch den Campingplatz zum Dusch-Block. Nina war wie immer ruckzuck fertig mit ihrer Toilette und rief mir ein „ich gehe schon mal vor und bereite den Apéro zu“ durch die lottrige Türe meiner Duschkabine zu. „Alles klar, bis gleich“, rief ich.

Als ich vielleicht zehn Minuten nach meiner Freundin den Dusch-Block verliess, stellte ich fest, dass bereits die Nacht über Skukuza hereingebrochen war. Aufgrund der geringen Entfernung zum Äquator bricht die Dunkelheit im südlichen Afrika wesentlich rascher herein, als wir Europäer es uns von unseren Breitengraden gewohnt sind. Keine halbe Stunde dauert hier nämlich die Dämmerung. Ich hätte es so langsam aber sicher wirklich wissen müssen, doch diese Tatsache verblüffte mich während der ganzen Reise täglich aufs Neue. Langer Rede, kurzer Sinn, Fakt ist, dass es zum Zeitpunkt als wir unseren Guschti verlassen hatten und zu den wohltuenden Duschen aufgebrochen waren, noch hell war und jetzt war es dunkel. Stockdunkel.
An jeder Ecke brannten nun kleine oder grössere Lagerfeuer. Sie verliehen dem Camp einen komplett neuen Touch. Beim Hinweg war ich einfach neben Nina hergetrottelt. Klar hatte ich mir einige mir relevant erscheinenden Punkte an Weggabelungen zu merken versucht. Doch all diese Bemühungen bei Tageslicht waren nun bei Nacht für die Katze!
Wie ein ausgesetzter Dackel irrte ich in der Folge durch das Stellplatz-Labyrinth. Ohne Erfolg. Im Gegenteil. Je länger ich herumirrte, desto mehr verblassten selbst die letzten Anhaltspunkte in meiner Erinnerung, desto mehr verwirrten mich all die Lichter, die da vorhin noch nicht waren, desto mehr ärgerte ich mich über meinen wirklichwirklichwirklich schlechten Orientierungssinn.
Wären die Stellplätze wenigstens nummeriert gewesen, dann hätte ich mich durchfragen können.  Und hätte ich mein Telefon dabei gehabt, hätte ich Nina anrufen und um Hilfe bitten können. Wäre. Hätte. Würde. Herrje!

Als ich zum wiederholten Mal an der einen Kreuzung vorbeikam, hielt mich das ältere Ehepaar von der Eck-Parzelle auf. Ob ich etwas Bestimmtes suchen würde, wollten sie wissen. „Ja, allerdings“, erwiderte ich höflich und mit verzweifeltem Unterton in der Stimme, „meinen Camper. Ich suche meinen Camper. Er muss hier irgendwo sein.“ Die Situation war mir peinlich, keine Frage. Ich hätte auf der Stelle im staubigen Erdboden versinken können.
Was für ein Camper es denn genau sei, erkundigte sich der sympathische Herr.
„Ein weisser Toyota Hilux“, erwiderte ich, wohlwissend, dass uns diese Information keinen Deut weiterbringen würde. Immerhin waren gefühlt 90% der Autos auf dem Skukuza-Camp weisse Toyota Hilux.
Nach einer Weile stiess ein weiterer Pensionär zu uns und blickte fragend in unsere aufgebracht gestikulierende Gruppe.
„Das Girl hier hat sich verirrt und findet nicht mehr zu ihrem Camper zurück!“, brachte die ältere Dame das Dilemma fadengerade auf den Punkt.
„Oh dear“, murmelte der Neu-Ankömmling voller Anteilnahme. Er musterte mich von Kopf bis Fuss und fügte dann stirnrunzelnd hinzu:“Dich kenne ich doch? Du bist doch die grosse Lady mit dem winzigen Zelt? Ich frage mich die ganze Zeit, wie du da bloss reinpasst?!“
„NEIN!“, schrie ich. Der Schrei war eine Mischung aus Entrüstung, dass man mir einen solchen Reisestil überhaupt zutrauen konnte und aus Erleichterung ob dem Hoffnungsschimmer der sich aus der Wortäusserung sofort in mir entzündete. „Aber die Lady mit dem kleinen Zelt ist meine Nachbarin“, fügte ich sofort hinzu und erklärte, dass ich von dem winzigen Zelt aus meinen eigenen Camper rasch finden würde.
„Alles klar, Darling, dann bringe ich dich jetzt nach Hause“, schmunzelte der Opa, zwinkerte dem Ehepaar keck zu und bot mir seinen Arm an, damit ich mich ihm unterhaken konnte.

Nina wartete wie abgemacht mit dem Apéro auf mich. Und sie tat dies mittlerweile seit einer geschlagenen Stunde. Sie staunte nicht schlecht, als ich in charmanter, männlicher Begleitung um die Ecke bog 🙂

Übrigens: Leser, die diese Geschichte gelesen haben, haben auch den Artikel Roadtrip durch das südliche Afrika gelesen 😉