Bolivien: Trekking durch den Altiplano

Bolivien ist – wie die Schweiz auch – ein Binnenland. Im Gegensatz zur Schweiz, war dies bei Bolivien allerdings nicht immer so. Bolivien verlor im Zuge des Salpeterkrieges im späten 19. Jahrhundert 400 Kilometer seines Küstengebiets an Chile und damit seinen Zugang zum Pazifik. Es wundert daher nicht, dass die Bolivianer nicht sonderlich gut auf die Chilenen zu sprechen sind. 

Bolivien ist eines der ärmsten Länder Südamerikas und dies, obschon es über das drittgrösste Erdgasvorkommen des Kontinents verfügt. Chile seinerseits könnte einen verlässlichen Erdgaslieferanten gut gebrauchen. Der gegenwärtige bolivianische Präsident Evo Morales verfolgt bezüglich des westlichen Nachbarn denn auch eine klare Gib-mir-Küste-und-ich-gebe-dir-Gas-Politik. Doch Chile lässt sich nicht auf diesen Deal ein. 

Just an dieser umstrittenen Ecke passierte unser friedvolles Trekking-Grüppchen schliesslich die Grenze zu Bolivien. 

Die Reise im Überblick

Ich habe drüben bei GoogleMaps die wichtigsten Stationen und Highlights der gesamten Trekking-Tour erfasst. Dieser Blogpost beschränkt sich auf den Bolivien-Teil und schliesst damit nahtlos an den Chile-Teil an.

¡Adiós Chile, hola Bolivia!

Nachdem wir tags zuvor zum krönenden Abschluss des Atacama-Trekkings den Gipfel des Cerro Toco auf sage und schreibe 5’616 Metern über Meer erklommen hatten (mehr dazu hier), hiess es nun Abschied zu nehmen. Abschied von der imposanten Atacama-Wüste, Abschied von Chile und damit auch Abschied von unserer chilenischen Crew.

Es erfolgte ein fliegender Wechsel direkt am Grenzposten. Vom chilenischen Kleinbus, in dem jedes Gruppenmitglied einen Doppelsitz bequem für sich alleine beanspruchen konnte, galt es nun näher zusammenzurücken und uns auf die bereitstehenden Allradfahrzeuge aufzuteilen. 

Unsere Reisetaschen stehen vor den 4WDs zum Verladen bereit.
Es kann nicht schaden, seine Tasche am Verladeposten in eine gute Ausgangsposition zu bringen 😉

Team Theo 👭👭 und die Wüsten des Altiplanos

Zusammen mit drei anderen alleinreisenden Mädels platzierte ich mich im Wagen von Theo. Es war eine phantastische Wahl, wie sich bald herausstellen sollte. Es folgten drei herrlich unkomplizierte, kurzweilige Tage in denen uns Theo galant durch die Wüsten Salvador Dalí und Siloli kutschierte, während wir auf der Rückbank vergnügt quietschend über Gott, die Welt und mehr plauderten. Ein Hoch auf „Team Theo“!!! Danke, Mädels, ihr ward Spitze! 😍😂

Bald fiel uns auf, dass Theos Auto kein GPS hatte. Wir gingen in der logischen Konsequenz davon aus, dass der vorderste Wagen des Konvois mit einem entsprechenden Instrument ausgestattet war. Doch Theo verneinte. Man orientiere sich hier einzig und allein am Horizont. Wow!

Der Weg ist das Ziel…

Theos Landcruiser war das Montagsauto des Konvois. Der Wagen kränkelte und musste während der Tour mitten in der Wüste mehrmals überbrückt oder improvisiert repariert werden. Sogar ein Ausbau der Batterie war mit dabei.

Auto-Reparatur in der Wüste
Theos Auto musste auf der Tour mehrmals improvisiert repariert werden. (Foto: A. Arnold)

Ich bewunderte die mechanischen Fähigkeiten und das Improvisationsgeschick der bolivianischen Jungs. Man hätte fast den Verdacht schöpfen können, dass es nicht das erste Mal war, dass sie sich solcher Tricks bedienen mussten 🤔

Das Auto wird in der Wüste aufgetankt.

So geht Tanken in der Wüste 😉 (Foto: E. Arnold)

Die Lagunen des Altiplanos: Same same but different…

Der Weg führte von einer Lagune zur nächsten: Laguna Verde, Laguna Blanca, Laguna Colorada und wie sie alle hiessen. Jede ist schön und auf ihre Weise einzigartig. Immer wieder unternahmen wir in dieser wundervollen Gegend des Altiplanos kleine Wanderungen.

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(Foto: E. Arnold)
Wanderung Altiplano
(Foto: N. Horni)

Wir befanden uns stets auf rund 4’000 Metern über Meer und gelangten selbst bei flachen Etappen ausser Atem. Und wenn uns nicht die dünne Luft den Atem raubte, dann diese unglaublich farbenprächtigen Lagunenlandschaften.

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Die rote Färbung ist einer speziellen Algenart zu verdanken, die sich bei tiefem Wasserstand besonders üppig ausbreitet. In diesen roten Algen tummeln sich Millionen von kleinen Krebsen, die ebenfalls dieses Karotinoid, diesen rot färbenden Stoff enthalten. Und nun ratet mal, warum die Flamingos, die sich in der Lagune zu Hauf versammeln ausgerechnet einen rötlichen Teint haben? Wie heisst es doch so treffend: man ist, was man isst. 

Flamingos
Flamingos an der Laguna Colorada (Foto: N. Horni)

Leider hatten wir bei den Thermalquellen „Termas de Polques“ unsere Badehose nicht griffbereit, weshalb wir die Planscherei hier verpassten. Ein Grund mehr, später in diesem Leben nochmals hier vorbei zu schauen. 

Termas de Polques
Termas de Polques.

Geysir Sol de Mañana 🌋

Schliesslich erreichten wir den Geysir Sol de Mañana (Morgensonne).  Nach dem eindrücklichen Erlebnis bei den Geysiren des El Tatio vor ein paar Tagen (mehr dazu hier) hatten wir nun eine konkrete Vorstellung was uns in einem Geysirfeld erwarten könnte. Und siehe da: auch hier blubberte und dampfte es überall aus dem Erdboden. Und trotzdem war es komplett anders – same same but different. 

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Es war ein intensiver Tag. Der „Arbol de Piedra“ war die letzte Station auf unserer Tages-Todo-Liste.   

Arbol de Piedra (Baum aus Stein)
Arbol de Piedra (Baum aus Stein)

Es sei nun nicht mehr weit bis zum Hotel, hiess es. Irgendwie konnte ich noch gar nicht glauben, dass wir überhaupt jemals wieder auf Zivilisation treffen würden. Doch dann tauchte plötzlich – aus dem Nichts – das Tayka del Desierto auf. Eine Oase mitten in der Wüste, auf 4’600 Metern über Meer. 

Tayka del Desierto
Das Hotel Tayka del Desierto mitten in der Wüste auf 4’600 Metern über Meer

Der Sternenhimmel hier draussen, fernab von jeglicher städtischer Lichtverschmutzung, ist schlicht grandios. Das Tayka del Desierto ist insofern also nicht etwa ein drei- oder vier-, sondern ein Millionen-Stern-Hotel. 

Es war die höchst gelegene Übernachtung auf der ganzen Tour und in meinem ganzen bisherigen Leben. Wir reden hier – notabene – vom Höhenniveau des Matterhorns.

Tayka del desiertoBlick aus dem Zimmerfenster des Hotels Tayka del desierto.

Ich war gespannt, wie es sich anfühlen würde, auf dieser Höhe zu schlafen. Und ja, es fühlte sich an. Und wie, herrje! Die ganze Nacht über plagte mich ein starker stechender Kopfschmerz. An Schlaf war kaum zu denken. Besonders heftig war der Schmerz, wenn ich mich in meinem Bett von einer Seite auf die andere drehte. Also beschloss ich, mich möglichst nicht zu bewegen, was eine Verkrampfung der gesamten Schulter- und Nackenmuskulatur zur Folge hatte. Aber genug gejammert! Es war eine wahnsinnig eindrückliche Erfahrung, die ich nicht missen möchte. 

Salar de Uyuni –– Dreaming for a White Xmas 🎄

Mein persönliches Highlight der Reise war der Salar de Uyuni. Mit einer Fläche von sagenhaften 10’000 Quadratkilometern (dies entspricht einem Viertel der Fläche der Schweiz) ist er der grösste Salzsee der Welt. 

Im Salar wird das weltweit grösste Lithium-Vorkommen vermutet. Aus Lithiumkarbonat lassen sich besonders leistungsstarke Batterien herstellen, die beispielsweise in Elektroautos eingesetzt werden. Damit hat der Rohstoff insbesondere in der Automobilindustrie ein enormes Potenzial und wird daher auch „weisses Öl“ oder „weisses Gold“ genannt. Bolivien, allen voran Evo Morales, erhofft sich durch den Abbau von Lithium den ersten nachhaltigen Aufschwung für sein Land und erklärte den Rohstoff zur strategischen Ressource. Welche Konsequenzen der gross angelegte Lithium-Abbau auf die einzigartige Salzwüste haben wird, lässt sich heute nur erahnen.  

Mitten im See befindet sich die Insel „Inca Huasi“. Markenzeichen der Insel sind ihre riesigen Kakteen. Es sind vier, fünf, sechs und sogar über acht Meter hohe Giganten. Ein Kaktus wächst pro Jahr nur gerade 1 Zentimeter. Die stacheligen Kumpels hier haben also bereits Jahrhunderte auf dem Buckel. WAHNSINN!!!

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Was für ein Prachtsding! Und der Kaktus ist auch nicht ohne, ey…

Positiv überrascht hat mich, wie locker man sich auf dem See und auf der Insel bewegen konnte. Aus anderen Destinationen ist man sich ja gewohnt, als Tourist an jeder Ecke in die Schranken gewiesen zu werden, aber hier am Salar de Uyuni war alles herrlich entspannt. 

Salar de Uyuni
Unsere 4WDs mitten im Salar de Uyuni

Während wir die Insel erkundeten, bereitete unsere Crew den Lunch zu. Angekündigt wurde ein „Picknick auf dem Salar“. Na ja, ein ziemlich vornehmes Picknick, finde ich 😂

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Die gammligen Plastikstühle und Tische wurden kurzerhand mit schicken Stoffen überzogen. Das Leben kann so einfach sein.  

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Zum krönenden Abschluss des tollen Tages in der Salzwüste stand uns eine Übernachtung in einem Salzhotel bevor. Salz war hier das überwiegende Material der Bausubstanz und die Gänge waren nicht etwa mit Steinplatten oder Teppich belegt, sondern mit Zentimeter dickem Salz-Kies. Für einmal waren Rollkoffer-Piloten klar im Nachteil und der Gepäckjunge wurde hier nur allzu gerne in Anspruch genommen. Für den Gang zur Lobby oder dem Restaurant mussten Flipflops für einmal den währschaften Wanderstiefeln weichen. 

Salzhotel
Nicht nur der Boden, auch die Couches sind hier übrigens aus Salz.

Potosí: einst die grösste Stadt der Welt

Nach der überwältigenden Zeit in der Salzwüste am Salar de Uyuni nahmen wir Kurs auf Potosí. Die Silberminenstadt war im 17. Jahrhundert die grösste und reichste Stadt der Welt. Das ist lange her, sehr lange. Das Leben wird hier auch heute noch von den Minen am Cerro Rico, dem „reichen Berg“, geprägt, aber die Umstände haben sich dramatisch verändert. Nichts ist hier mehr, wie es mal war.
Wir blieben eine Nacht in Potosí und nahmen am nächsten Tag Sucre, die Hauptstadt Boliviens ins Visier.  

Spieglein, Spieglein an der Wand… 

… wer ist die Schönste im ganzen Land? fragte Potosí und der Spiegel antwortete:“du warst lange Zeit die Schönste und Reichste, aber heute ist Schneewittchen, über den sieben Bergen bei den sieben Zwergen (Anmerkung: die Bolivianer sind aber auch klein, ey!) tausendmal schöner als du.
Ich mochte das zauberhaft weisse Schneewittchen (auch bekannt unter dem etwas phantasielosen Namen „Sucre“) auf Anhieb ❤️

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Titicacasee

Von Sucre ging es schliesslich per Inlandflug nach El Alto und von dort weiter zum berühmten Titicacasee, dem höchst gelegenen schiffbaren See der Welt. Es wäre keine Trekking-Reise, wenn wir hier nicht durch diese malerische Kulisse gelatscht wären. 

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Fast wie am Titisee im Schwarzwald 😉

Die quirlige Rosemarie war an dem Tag unser lokaler Tour-Guide. Mit viel Charme und Humor führte sie uns über Stock und Stein und erzählte uns viel über Land und Leute und das Leben am Titicacasee. Mich persönlich beeindruckten ja Rosemaries Wanderschuhe am meisten 👠 😂

Seilbahn-Paradies La Paz 

Ich hatte im Vorfeld gelesen, dass es in der Stadt La Paz Seilbahnen geben soll, hatte mir aber keine Mühe gemacht, weitere Hintergründe dazu in Erfahrung zu bringen. Hand auf’s Herz: wenn uns Schweizern nach Luftseilbahn fahren zumute ist, brauchen wir dafür nicht um die halbe Welt zu reisen. Entsprechend erwartungslos traf ich in La Paz ein. Doch letztlich war es genau dieses grandiose Seilbahn-Netz, das mich hier am allermeisten beeindruckte. Als öffentliches Verkehrsmittel verbindet es das dicht bebaute La Paz mit der Industriestadt El Alto, wo sich auch der Flughafen befindet. 

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Die erste Linie wurde im Mai 2014 in Betrieb genommen. Im Jahre 2020 soll das Seilbahnnetz mit über 30 Kilometern abgeschlossen sein.
Das zukunftsträchtige Projekt trägt ganz klar die Handschrift von Evo Morales. Als Bauherr wurde die österreichische Firma Doppelmayr verpflichtet. Die Gondeln stammen – zumindest teilweise – aus der Schweiz. Wer hat’s erfunden? 😉 

¡Hasta luego, Altiplano! 

In La Paz endete unsere zweiwöchige Trekking-Tour durch den Altiplano. Von nun an ging es abwärts. Von La Paz auf rund 4’000 Metern führte mich meine Heimreise in einer ersten Etappe nach Lima (Peru) auf gut 100 Metern.

In Lima erlebte ich übrigens einen äusserst amüsanten Zwischenstopp: Mein Stop-Over bei den Schönen und Reichen in Lima Viel Spass bei der Lektüre! 

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Atacama-Trekking: dünne Luft, fette Panoramen

Eines gleich vorweg: der Adrenalinkick, den mir meine pannenreiche Anreise zum Flughafen Zürich beschert hatte, wurde während der gesamten Trekking-Tour in den Anden nicht mehr getoppt.

Just in dem Moment, als ich den letzten Task auf meiner Abreise-Checkliste abgehakt hatte, erreichte mich an jenem Nachmittag nämlich die Nachricht über eine Störung im Schweizer Schienenverkehr. Es müsse mit Zugausfällen und Verspätungen gerechnet werden, hiess es. Da ich sowieso startklar war, entschied ich, bereits ein knappes Stündchen früher als vorgesehen, zum Flughafen aufzubrechen. Als ich die Menschenmassen und das wirre Treiben auf dem Bahnhof erblickte, wusste ich, dass die Entscheidung klug war.

Normalerweise  dauert die Fahrt zum Flughafen vierzig Minuten. Doch diesmal hatte ich es in vierzig Minuten gerade mal bis ins Epizentrum des totalen Kollaps geschafft – mitten drin, statt nur dabei, ey! Nach dramatischen über 2,5 Stunden, in denen ich viel Kampfgeist und Improvisationstalent bewies, erreichte ich das Checkin gerade mal zehn Minuten vor dessen Schliessung. Das war knapp, puhh.

Die restlichen knapp 12’000 km meiner Reise nach Santiago de Chile verliefen – im Vergleich zu diesen ersten 40 km – dann glücklicherweise herrlich entspannt.

Die Reise im Überblick

Ich habe drüben bei GoogleMaps die wichtigsten Stationen und Highlights des gesamten Trips erfasst. In diesem ersten Blogpost beschränke ich mich auf den Chile-Teil. Im nächsten Bericht knöpfe ich mir Bolivien vor.

Ausgangs- und Besammlungspunkt für die Tour war Santiago de Chile. Dort traf ich auf die restlichen 14 Gruppenmitglieder.

Bereits am nächsten Tag verliessen wir die Hauptstadt Chiles und flogen nach Calama im nördlichen Drittel des über 4000 km langen Landes.

Eine schöne Wüste 🏜️

Die Überschrift hört sich im ersten Moment vielleicht nach einem Widerspruch an. Kann denn eine Wüste schön sein? Oh ja, sie kann!

Salar de Talar, Atacama
Salar de Talar, einer der Salzseen in der Atacama-Wüste

Seit vielen, vielen Jahren faszinieren mich Wüstenlandschaften. Nach dem Outback, der Namib, der Kalahari, der Karoo und wie sie alle hiessen, konnte ich es kaum erwarten, endlich die Atacama, die trockenste Wüste der Welt, zu erkunden. An gewissen Orten ist hier bereits seit Jahrzehnten kein Regen mehr gefallen. Sogar im Death Valley fällt fünfzig Mal mehr Regen. Im Westen verhindert der Humboldtstrom an der Pazifikküste die Bildung von Regenwolken und im Osten/Nordosten schafft es die feuchte Luft aus dem Amazonasbecken partout nicht über die Andenkette. Na ja, ein bisschen in Schutz nehmen muss ich die feuchte Luft jetzt schon. Es ist tatsächlich nicht ganz einfach, auf, geschweige denn über diese Fünf- und Sechstausender zu kommen, wie ich noch am eigenen Leib erfahren sollte – aber dazu dann später.

Valle de la Luna 🌙

Nach dem Bezug unseres Hotels in San Pedro, der Wüsten-Hauptstadt, ging es direkt ins Valle de la Luna weiter. Hier stand uns am späteren Nachmittag eine Wanderung durch die bizarre Mondlandschaft bevor.

Natürlich waren wir hier nicht die einzigen wanderlustigen Geschöpfe:

Wanderer im Valle de la luna, Atacama
Das Wandern durch das Valle de la Luna war nicht nur unser einer Lust…

Zur Abenddämmerung greift Mutter Natur hier besonders tief in die Trickkiste und zaubert ein herrliches Farbenspektakel ins Tal. Während wir diese einmalige Stimmung ehrfürchtig in uns aufsogen, überraschten uns unsere Guides mit einem tollen Sundowner-Apéro.

Sundowner im Valle de la Luna, Atacama
Farbenprächtige Abendstimmung im Valle de la Luna, Atacama

Salzseen und Lagunen

Die ersten drei Tage in der Atacama dienten der Akklimatisierung und so beschnupperten wir die liebliche, andinische Hügellandschaft bei San Pedro von angenehmem Säntis-Niveau aus. Als gebürtige Ostschweizerin kommt mir zum Höhen-Niveau um die 2’500 Meter spontan der Säntis in den Sinn – ich bitte um Nachsicht!

Im Zuge diverser Ausflüge stiessen wir tagsüber immer mal wieder in höhere Gefilde vor und unternahmen hier jeweils kurze Wanderungen. Es ist wichtig, den Körper langsam und häppchenweise an die Höhe zu gewöhnen. „Hoch steigen, tief schlafen“, raten die Experten von Bergwelten.

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Mal Hand aufs Herz, wenn von Sechstausendern die Rede ist, bäumen sich einem vor dem geistigen Auge doch gleich mal gigangtische Felssäulen auf, oder etwa nicht? Ich jedenfalls konnte es gar nicht richtig glauben, dass diese lieblichen Hügelchen tatsächlich die Anden sein sollten. Wenn man dann aber bedenkt, dass man sich beim Betrachten der Hügelchen selbst auf einer stolzen Höhe befindet, relativiert sich das Ganze natürlich.

Toller Blick auf den Salar de Talar - und ein paar nette Gruppen-Gspänli :-)
Toller Blick auf den Salar de Talar, einige Fünf-oder Sechstausender und ein paar nette Gruppen-Gspänli, die sich hier gerade von ihrer besten Seite zeigen 🙂

Fast wie bei uns im Jura… 🙂

Die Geysire des El Tatio 🌋

Am nächsten Tag brachen wir bereits um 5.00 Uhr auf zu den Geysiren des El Tatio auf knapp 4’500 Metern. Es ist das höchst gelegene Geysirefeld der Welt.

Das Thermometer zeigte bei unserer Ankunft unglaubliche minus 13 Grad an, entsprechend warm hatten wir uns für diese morgendliche Exkursion eingepackt. Wer das Fontänen-Spektakel am El Tatio sehen möchte, muss unbedingt vor Sonnenaufgang vor Ort sein. Erstens ist das Naturschauspiel mit den ersten Sonnenstrahlen am eindrücklichsten und zweitens ist der Spuk mit zunehmender Temperatur dann rasch vorbei.

Die Szenerie am El Tatio ist faszinierend. Überall blubbert und dampft es aus dem Erdboden und es liegt ein beissender Schwefelgeruch in der Luft. In mir wurden sofort Erinnerungen an den gigantischen Yellowstone-Nationalpark, an die Kanaren und last but not least an Island wach. Im Gegensatz zu jenen Destinationen blubbert es im Geysirefeld von El Tatio, aufgrund der exklusiven Höhenlage, jedoch bereits ab ca 85 Grad Celsius und nicht erst bei 100 Grad.

Mit dem Anstieg der Temperatur ziehen sich die Geysire wieder in ihre Löcher zurück und blubbern entspannt dem nächsten Morgen entgegen.

Die Geysire verstummten, dafür knurrten nun unsere Mägen. Im Nu hatte unsere Crew ein reichhaltiges Frühstücksbuffet herbeigezaubert. Ein tolles Erlebnis, mitten in dieser einzigartigen Kulisse und mit dem wundervollen Geruch von faulen Eiern in der Nase feudal zu brunchen. (Ironie beiseite: es war wirklich toll! 😀)

Eigentlich hätte sich hier jeder sein Frühstücks-Ei selbst bis zur gewünschten Härte zubereiten können. Kochendes Wasser hätte es ja genügend. Allerdings bezweifle ich, ob rohe Eier den Transport auf der holprigen Zufahrtspiste am frühen Morgen überlebt hätten.

Je dünner die Luft, desto fetter das Panorama

Am vierten und letzten Tag in der Atacama-Wüste stand uns schliesslich noch die Königsdisziplin bevor: die Besteigung des Cerro Toco, dessen Gipfel sich auf sagenhaften 5’616 Metern über Meer befindet. Wir starteten unsere Wanderung auf ca. 5’000 Metern.

Solange ich im Auto sass, merkte ich rein gar nichts von der Höhe. Doch mit der ersten hastigen Bewegung beim Verlassen des Autos war mein innerer Schiedsrichter sofort zur Stelle. „Foul!“, schrie er. Dann zückte er mit einem süffisanten Grinsen die gelbe Karte aus seiner Brusttasche und verwarnte mich gleich mal mit einem kurzen aber heftigen Stich durch die gesamte Schädeldecke – autsch! 

Nach dieser ersten, schmerzhaften Lektion, ging ich alles weitere dann automatisch einen Tick langsamer an und setzte achtsam – stets in Kontakt mit meinem inneren Schiedsrichter – einen Fuss vor den anderen.

Ich halte hier an Position 5 tapfer mit…  (Foto: F. Fischer)

Pausen sind wichtig und der Orangensaft aus der Lunch-Box wird zum willkommenen Zuckerlieferant. Primär aus Interesse und weniger aus akutem Anlass, liessen wir hier auch unseren persönlichen Sauerstoffwert bestimmen.

«Der Sauerstoffgehalt in der Luft beträgt in jeder Höhe 21%. Durch abnehmenden Luftdruck steht dem Körper auf über 8.000 m aber nur noch ein Drittel des Sauerstoffs auf Meereshöhe zur Verfügung. Das erklärt, warum die allermeisten Höhenbergsteiger auf künstlichen Sauerstoff zurückgreifen.»

(Quelle: Bergwelten.com)

Ich fand die Erfahrung, wie mein eigener Körper (und mein innerer Schiedsrichter) sich mit diesen ungewöhnlichen Gegebenheiten arrangierte, extrem spannend. Und, wie soll ich sagen, wir waren ein verdammt starkes Team: mein Körper, der Schiedsrichter und ich. Und ja, natürlich schwang eine grosse Portion Dankbarkeit mit, als ich oben auf dem Gipfel des Cerro Toco – auf sage und schreibe 5’616 Metern über Meer – die Hände zum Himmel warf und ein stolzes ¡Caramba! in die dünne Andenluft schrie.

Ich winke hier von 5616 Metern über Meer.
GESCHAFFT!!! Ich winke hier von 5616 Metern über Meer.

Das Panorama vom Gipfel des Cerro Toco ist atemberaubend schön.

Die Luft ist dünn, dafür das Panorama umso fetter!

Nach diesem Höhenflug ging es zurück nach San Pedro und damit buchstäblich nur noch bergab – bis Säntis-Niveau eben 😉

Der Rest des Tages stand zur freien Verfügung. Ich nutzte die Zeit für einen Spaziergang durch die staubigen Gassen San Pedros.

Am nächsten Morgen hiess es bereits Abschied nehmen von der wundervollen Atacama-Wüste. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass ich hier nicht zum letzten Mal war…

Mein uneingeschränktes Fazit zur Atacama-Wüste:

Oh ja, das ATACAMA schon so machen,
aber dann bleibt es halt
auf immer und ewig im Herzen! ❤️

P.S. während ihr diese Zeile lest, versammeln sich in meinem Kopf bereits die Puzzle-Teile für die Fortsetzung dieser Blogserie. In diesem Sinne: dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich – wir lesen uns drüben in Bolivien!

P.P.S. als Überbrückung kann ich diese Anekdote aus Lima offerieren 🤠

¡Hasta luego, amigos! 🙂